In der heutigen Episode geht es eigentlich um Details in der Sprache aber man weiß ja nie…
Wir nutzen sie permanent, ob aktiv oder passiv, meist zu Kommunikationszwecken zwischen mehreren Individuen. Dabei enthält eine Aussage nicht nur eine Aussage, sondern beispielsweise auch Informationen über des Sprechers Persönlichkeit auf einer Metaebene. Diese Metaebenen werden, sofern die Kommunizierenden sich darauf nie konzentriert haben, unbewusst konstruiert und wirken auch unbewusst konstruierend im Bezug auf das Bild des Gegenübers. Wenn wir das klar haben, können wir uns und unsere Ziele bewusst konstruieren, vorausgesetzt wir kennen die ausschlaggebenden Indikatoren.
“Jede Kommunikation verfolgt ein Ziel. Immer.”
Der Titel dieser Episode verrät schon, um welche Wörter es mir geht. Diese Wörter sind keineswegs sprachliche Tretminen oder No-Go’s, allerdings sollte uns bewusst sein, was sie vermitteln.
Zur Darstellung von Argumenten bzw. welche Stimmung wollen wir bereiten?
Der “Nein”-Sager
“Nein” schlägt alles, was der Kommunikationspartner sagt, kurz und klein, lässt keinen Raum für Alternativen und sagt dem Gegenüber so etwas wie “stimmt nicht, du bist doof”. Das kann natürlich ein Ziel verfolgen. Meistens ist es jedoch nicht sehr produktiv, vor allem wenn wir über Businesskommunikation sprechen.
Der “Aber”-Sager
Ein “aber” ist ein kleiner Fortschritt gegenüber zum “nein”. Es drückt immer noch Protest aus und arbeitet gegen Kooperativität, erkennt die Aussage der Gegenseite zudem an und lässt Diskussion zu.
Der “Und”-Sager
Ein “und” ist der klare Gewinner, wenn das Ziel eine bereichernde Diskussion oder eine vielfältige, beider-/mehrseitige Meinungsdarstellung ist. Ein “und” knüpft Argumente zusammen. So kommen wir vom “Stimmt nicht, du bist doof”, über “stimmt, aber du bist trotzdem doof” zum “stimmt und in meiner Welt kommt … hinzu”.
Die bis jetzt genannten Zielindikatorwörter bzw. sogar Kommunikationsstrategien sind ziemlich offensichtlich. Es gibt auch welche, die sich so sehr unbewusst in unser Sprechen einfügen, dass wir, selbst beim Versuch sie zu vermeiden, oft nicht merken, dass wir sie aussprechen. Kleine Beispiele im Folgenden.
“Man”
“Man” nutzen Menschen (meist unbewusst), um von sich abzulenken und das Subjekt, über das sie sprechen, auf eine unbekannte, handlungsunfähige Instanz zu projizieren. Ziel ist damit eindeutig, dass der Sprecher von sich weg weist und sich selbst handlungsunfähig macht. “Man” ist ein sprachliches Mittel zur Dissoziierung und Limitierung.
“Eigentlich”
Wenn jemand dieses Wort in einen Satz einfügt, relativiert er in genau diesem Satz seine eigene Aussage. Ziemlich unsinnig. Es sei denn, Relativierung und Defokussierung sind das Ziel.
Haben Sie eine aufmerksame Woche
Ihr OLAF DAMMANN
Transcript von “eigentlich sagt man aber”
Guten Tag und hallo!
Eigentlich würde ich sie gern willkommen heißen. Man spricht hier so häufig über große Ziele aber das ist ja alles so schwer. Wer hoch hinaus will, fällt auch tief, das wissen wir doch. Man kann ja nicht alles haben, das ist ja nicht realistisch.
Wenn ihnen bis hier noch nichts aufgefallen ist, dann wird das eine sehr wertvolle Episode für Sie.
Wenn sie bereits körperliche Reaktionen zeigen, lehnen Sie sich entspannt zurück: schlimmer wird’s nicht, das Intro hat mir auch wehgetan.
Heute geht es mir um Sprache. Nicht um Rhetorik, Dramaturgie, Storytelling oder Bühnenpräsenz. Nur ganz schlicht um den Einsatz von Sprache im Alltag.
Trivial, sagen Sie? Okay, lassen sie sich überraschen.
Kennen Sie Menschen, die versuchen mit einem Fuchschwanz, also einer Handsäge, einen Nagel in die Wand zu schlagen? Gibt es nicht, sagen Sie?
Weil eine Säge ein Werkzeug ist, dessen Einsatzbereich hinlänglich bekannt ist. In der Sprache geht es ähnlich. Allerdings höre ich da sehr viele Menschen, Sägen auf Nägel eindreschen. Und sich dann über das Ergebnis wundern. Lassen Sie mich mit der schrägen These anfangen, dass wir mit jeder Kommunikation ein Ziel erreichen wollen. Selbst scheinbar zielloses Klönen, was ich auch genieße, wenn es gut läuft, hat ein Ziel: Leichte Unterhaltung, vielleicht den Gegenüber besser kennen lernen, in engeren Kontakt kommen, etwas lernen, einen nette Zeit zusammen verbringen. Bei manchen Kommunikationen ist uns das Ziel sehr klar. Ich meine hier gar nicht das romantische Kamingeflüster, wobei das ein gutes Beispiel wäre. Bei manchen Kommunikationen tun wir so, als ob das Ziel klar wäre:
Hier ist das Restaurant, der Gast hat sich entschieden und will bestellen. Was ist das Ziel? Nein, nicht unbedingt essen bestellen! Wir tun so, als ob es das wäre. Da können eine ganze Menge Sekundärziele mitschwingen: Beispielsweise die anderen Gäste mit der exquisiten Auswahl, wahlweise den eigenen Fremdsprachenkenntnissen beeindrucken. In manchen Bestellungen, die ich so zu hören gezwungen werde, ist eine Machtdemonstration drin. „Sie bringen uns jetzt die 23, die 45 und die 63 für die Dame. Dazu ein Wasser und ein Bier. Aber nicht trödeln.“ Und auch da darf gefragt werden, ob es Dominanzgehabe gegenüber dem Ober ist oder Imponiergehabe in Richtung der mitgebrachten Dame. Hier scheint es sich um ein männliches Thema zu handeln.
In der Damenwelt verbreitet ist das Sekundärziel, sich selber als super körperbewusst darzustellen „Hach, dann esse ich heute halt den großen Salat, dann gehe ich morgen eben 20k laufen.“ Oder als schutzbedürftig „Schatz, ich weiß gar nicht, was ich nehmen soll“.
Sie erinnern sich? Wir waren beim Essen bestellen. Zumindest als Oberflächliches Ziel. Ich will keines der sekundärziele bewerten. Jeder lebt sein Leben so gut sie oder er kann. Wer sein Leben als Mäuschen oder Angeber verbringen will, darf das gern tun. Und hört hier eh nicht zu.
Erfahrung zeigt, dass die Ziele deutlich schneller erreicht werden, wenn alle Ziele klar sind. „Klar“ heißt hier nur sich selber klar. Natürlich nicht offen ausgesprochen. Manchmal ist es ja schon ein Stück, sich selber die Sekundärziele einzugestehen.
Jetzt kriege ich langsam die Kurve zur Säge. Und vor allem zur Überschrift.
Ich pointiere uns was ich meine, mit ein paar Mini-Dialogen. Und ja, das geht jetzt sehr ins Detail. Es geht mir um die Stimmungen, die die Sätze verbreiten um das emotionale Moment.
Also los, hier der erste Dialog:
Person A: „Ich war gestern in dieser Theateraufführung, das war toll! Witzige Kulisse, und schön gespielt!“
Person B: „Nein, für das Geld war das nix, da habe ich mehr erwartet“
Wie ist die Stimmung? Genau, das war heftig, eine emotionale Vollbremsung. Das war sehr deutlich, und habe ich auch nur selten gehört. Zumindest nicht bei einem so harmlosen Thema. Was ich allerdings oft höre, ist ein „Nein“, wenn es um sogenannte harte Diskussionen geht. Und auch da macht das „nein“ eine Emotionale Vollbremsung. Was will ich erreichen? Bockig au meinem Standpunkt bestehen? Die anderen Diskussionsteilnehmer vor den Kopf stoßen? Als „Nein“-Sager bekannt werden? Wenn ja, ist „Nein“ ein hervorragendes Werkzeug.
Jede Kommunikation zahlt auf unser Konto ein, das die andere von uns in ihrem Kopf hat. „Nein“ ist immer noch so oft gesagt. Viele machen sich nun eben nicht klar, was sie damit anrichten. Und wundern sich dann, wenn andere Menschen sie anders wahrnehmen, als sie sich selber. Fremdbild vs. Selbstbild. Und ein ständig, natürlich unbewusst gespieltes „nein“ erzeugt halt dauerhaft ein bestimmtes Bild in den Köpfen der Kommunikationspartner.
Und das passiert. Unbewusst. Egal wie professionell sie glauben, ihr Gegenüber von Ihnen denkt. Kommunikation passiert nur zu einem ganz kleinen Teil bewusst.
Jetzt wissen wir, was wir nicht wollen. Ich gebe Ihnen den Mini-Dialog noch einmal, ein klein Wenig angepasst:
Person A: „Ich war gestern in dieser Theateraufführung, das war toll! Witzige Kulisse, und schön gespielt!“
Person B: „Aber, für das Geld war das nix, da habe ich mehr erwartet“r
Fühlt sich genauso an, oder? Und das ist mein Punkt: „Aber“ fühlt sich dem nein seeehr ähnlich an. Nur habe ich diesen Aber-Dialog schon oft gehört, ein klares Nein ist schon sehr selten. Hören Sie sich mal um: Wie oft werden sie geabert? Wie oft haben Sie geabert?
Um sich das mal ganz drastisch klar zu machen: Sie können so gut wie jedes „aber“ mit dem Wunderschönen Wörtchen „Quatsch“ austauschen. Die Aussage bleibt gleich, wird nur deutlicher. „Aber“ geht in den Konflikt, „Aber“ ist Wiederstand, lehnt ab.
Haben Sie Ihre eigenen sekundären Ziele klar: Wenn Sie als sympathisch, als aufgeschlossen, als kooperativ wahrgenommen werden wollen, vermeiden Sie „Aber“.
Nehmen Sie stattdessen das Argument auf und fügen Sie Ihres daran.
Person A: „Ich war gestern in dieser Theateraufführung, das war toll! Witzige Kulisse, und schön gespielt!“
Person B: „Ja, die mochte ich auch. Nur fand ich den Preis ziemlich hoch, da habe ich mehr erwartet“
Das fühlt sich doch gleich mal anders an, oder? Übrigens, eine Allzweckformel der Fresh Academy ist die hier: Ersetzen Sie „aber“ durch ein „ja, stimmt, und“.
Achten Sie einmal drauf, wie oft sie die Menschen um sie herum „aber“ sagen hören. Dann achten Sie drauf, was sie selber tun. Es geht nicht darum, das aber zu verbannen. Nur hat die unbewusste, inflationäre Nutzung Auswirkungen auf den Eindruck, den andere Menschen bekommen.
Eine andere Marotte ist die Nutzung des Wörtchens „man“. „Man kann ja nicht alles haben“. Wer ist denn man? Und warum nicht? Die Frage, was genau denn „alles“ sei, lasse ich hier weg.
Warum widme ich dem hier eine ganze Episode, ist doch nur eine Marotte?
Nein, ist es nicht. „man“ ist dissoziiert. „Man“ ist nicht „ich“ „Man“ ist unverbindlich und unpräzise. Und „Man“ taucht ganz oft im negativen, im limitierenden Kontext auf.
Doch der Reihe nach. „Man“ ist ein Führungskräfte-Thema. Alles was wir mit unseren Leuten vereinbaren, soll ja verlässlich sein. Eine Vereinbarung mit „Man“ ist das nicht. „Man wird das Projekt erledigen“ funktioniert nicht. Sie brauchen da das assoziierte „Ich werde das Projekt erledigen“. Jemand muss sich den Hut aufsetzten, „man“ reicht da nicht.
Deutlicher tritt „man“ bei Entwicklungsgesprächen in Erscheinung. Wenn Sie Ihre Mitarbeiter fragen, was die denn ich fünf Jahren machen und sein wollen, hören sie das sehr oft. Für mich ist das schon der erste Hinweis: Wenn jemand mir seine Zukunftspläne in „man“-Form vorträgt, hat er entweder noch nie darüber nachgedacht oder er erzählt mir, was er glaubt, was ich hören will. Und natürlich ist ein „Man kann sich aus meiner Position in fünf Jahren zum Abteilungsleiter entwickeln“ dramatisch weniger kraftvoll als „Ich werde mich aus meiner Position in fünf Jahren zum Abteilungsleiter entwickeln“. Nur letzteres hat Zug, ist ein Ziel, kann anspornen. Das erste ist nur ein Allgemeinplatz ohne jede Wirkung.
Sie wollen doch, dass Ihre Leute performen. Dann lassen sie die das auch so formulieren. Und formulieren Sie selber so. Assoziiert.
Denn wer ist denn „Man“? „Man“ ist üblicherweise ein anonymes Gebot oder Verbot. „Man tut das nicht“ „Man bedankt sich“ „Man fragt wenn man…“. Auch mir ist klar, dass es hier um gesellschaftliche Regeln geht. Nur lassen sich die ja auch sinnvoller formulieren „Wenn Du dich bedankst, machst Du einen guten Eindruck. Und es freut mich sehr“. „Man“ verallgemeinert. Und nur zu oft unzulässig. „Man spricht nicht mit Fremden“. Okay, ich schon. Und „man“ ist limitierend, was ich die größte Plage finde „Man kann nicht alles haben“ das hatten wir schon „Man muss auch mal zufrieden sein mit dem, was man hat“. Man vielleicht, aber ich nicht. Das Aber können Sie hier gern durch „Quatsch“ ersetzen. Ich will mich frei entscheiden, ob ich zufrieden bin. Und mich dann auch dafür entscheiden können, jetzt wieder etwas anderes haben zu wollen. Ich will das selber entscheiden, wenn mir der Sinn nach Mehr steht, ist es meine Entscheidung, das zu erreichen. Aber nicht nur deswegen irgendwann stillstehen, weil „Man“ das so macht.
Man hat im Business-Umfeld eigentlich nichts zu suchen.
OOps… Wie hat sich das bei Ihnen angehört? Ziemlich unverbindlich und luschig, oder? „Man“ hat im Business Umfeld nichts zu suchen. Wäre ein Statement. Das eingeschobene Wörtchen „eigentlich“ macht die Aussage wieder zunichte. Womit wir bei der letzten Sprachlichen Säge wären, dem „Eigentlich“. Eigentlich defokussiert. Es kassiert die Aussage des Satzes wieder ein und öffnet eine riesige Hintertür in der Aussage. Auch das brachen wir nicht, wenn wir mit unseren Leuten arbeiten. Verstärken lässt sich der Nebel noch durch das Wörtchen „mal“. „Ja, ich könnte den Bericht eigentlich mal fertigmachen.“ Rechnen Sie besser nicht mit einer Lieferung. „Eigentlich“ stellt die ganze Zusage in Frage und „mal“ auch noch den Liefertermin.
„man“, „aber“, „eigentlich“.
Diese Wörter sind, wie all die anderen auch, Werkzeuge. Sie bewirken bestimmte Gedanken im Gegenüber. Sie transportieren eine Idee. Sie bilden beim gegenüber ein Bild von uns.
Diese Worte sind nicht per se böse! Es sind halt Werkzeuge. Und wie solche sind sie auch einzusetzen: Um eben nicht mit der Säge auf den Nagel einzudreschen und sich dann auch noch beschweren, dass das Drecksding nicht funktioniert.
Es gibt Situationen, die Wisch-Waschi Aussagen wollen. Wenn das Ziel ist, diesen Auftrag nicht anzunehmen, diese Aussage nicht verbindlich zu machen, dann sind „man“ und „eigentlich“ gute Werkzeuge. Das „mal“ nicht zu vergessen, wobei das so offensichtlich ist, das merken die meisten. Wenn Sie hingegen eine klare Aussage brauchen, gehen diese Worte nicht. Seien Sie sich also immer über ihr Ziel klar, dass sie mit der Kommunikation erreichen wollen. Und wählen Sie dann die richtigen Werkzeuge aus.
Wenn jemand ständig mit „aber“ oder, schlimmer noch, mit „nein“ unterwegs ist, kann ich mir denken, was die Leute von dem denken.
Achten Sie diese Woche drauf, was Sie hören. Achten Sie auch diese drei Worte: „man“, „aber“, „eigentlich“. Erst einmal bei den anderen, damit Sie ein Gefühl dafür kriegen. Sie werden überrascht sein…. Wer richtig weiter kommen will, achtet danach auf die eigene Nutzung eben jener Worte. Sind die immer wohlgewählt und dem eigenen Ziel angemessen? Was ist Ihr Ziel in der Kommunikation? Oder sind diese Worte einfach aus Gewohnheit in den Satz gerutscht? Was macht der Satz dann mit dem Gegenüber?
Viel Spaß mit dem aufmerksamen Spielen mit Sprache.