Wirksame Führung ist Kontrollverlust, der durch Vertrauen ausgeglichen wird. Und wie weit geht das? Was passiert denn, wenn wir den Gedanken mal zu Ende denken?
Ich habe neulich an einer Diskussionsrunde mit Führungskräften teilgenommen. Die lief in eine interessante Richtung, die ich arg ungewohnt fand. Und um diesen abstrakten Gedankengang geht es heute. Wir stellen uns die Frage, ob Management nicht völlig überflüssig ist.
Daraufhin ist diese dreiteilige Reihe entstanden:
- Ist Management überflüssig?
- Experteninterview mit Anke Heines
- Agile Transformation im wirklichen Leben
Erschreckend schlüssig überflüssig
In dieser besagten Diskussionsrunde vertrat ich mein Statement von “Führung ist Kontrollverlust, der mit Vertrauen kompensiert wird”. In den Episoden 75, Von Affen und Drachen und 76, Die Prinzipien des Delegierens, habe ich die Mechanismen von Kontrollabgabe genauer erläutert. Nun kam die Frage auf, wie weit dieses Vertrauen denn geht. Ist maximales Vertrauen von und zu Mitarbeitern das Ziel einer Führungskraft? Spontan würde ich sagen: Sicher. Warum sollte man sich mit weniger als möglich zufrieden geben? Und jetzt kommen wir an den Punkt, der das Statement schwierig macht; denn maximales Vertrauen = maximaler Kontrollverlust. Ergebnis: Wir brauchen kein Management auf unternehmenshierarchischen Zwischenebenen mehr. Maximales Vertrauen macht Management also überflüssig? Sie werden an der Audio-Version der Episode hören, wie mich dieser doch schlüssigen Gedankengang irritiert.
Vorteile eines Unternehmens ohne mittlere Management-Ebenen
Von weiteren Diskussionsteilnehmern wurde ich auf einen Film “Mein wunderbarer Arbeitsplatz” von ARTE aufmerksam gemacht. Der Film wurde mir zugespielt und ist leider nicht mehr online. Unten habe ich Ihnen einige Ausschnite verlinkt. Hier wird sogar am Beispiel einer französischen Keks-Fabrik gezeigt, dass es auch ohne Management funktioniert. Die Mitarbeiter wissen meist besser was sie tun, als deren theorieorientierte Vorgesetzte, womit diese OHNE skurrile Management-Beschlüsse praxis- und damit am Endergenis ihres Bereiches orientiertere Entscheidungen treffen.
Positive Auswirkungen hat so eine Art von Unternehmensführung auch auf die Einstellung der Mitarbeiter zum Unternehmen. Sie werden nicht mehr durch ihre Abteilungsleiter bevormundet und agieren damit verantwortungsvoller, weil sie sich wichtiger fühlen.
Revolution!
Es müsste doch also reichen, wenn es einen Unternehmensführer gäbe?!
Mit diesem Konzept würden wir die gängige Unternehmshierarchie, welche militärischen Ursprungs ist, revolutionieren. Militärisches Ziel, und das von Unternehmensgründern in der industriellen Revolution, war, dass Arbeiter so wenig vom Norm abweichen wie möglich, keine eigenen Ideen zum Ganzen beitragen (dürfen) und – sagen wir es, wie es ist – dumm und gehorsam gehalten werden. Ist das die Daseinsberechtigung von Führungskräften? Warum sollte man denn nicht alle Köpfe einer Firma nutzen?
Das alles klingt nach einer unternehmensphilosophischen 180°-Drehung, einer Revolution. Und gleichzeitig nach der Überflüssigkeit von dem, was ich, bzw. wir, seit Jahren tun.
Bin ich überflüssig?
Zunächst: Ob Sie für das Unternehmen einen Mehrwert darstellen oder nicht, liegt nicht an der Stelle, die Sie bekleiden, sondern an dem, was Sie tun. Sie müssen Ihr Geld wert sein und Ihrem Beitrag zum Unternehmen leisten, damit Ihr Chef Sie als erfolgreich betrachtet. Und erst dann sind Sie erfolgreich.
Es mag Führungskräfte im mittleren Management geben, die Ihre Daseinsberechtigung aus der statischen Unternehmenspolitik beziehen. Dazu wollen Sie aber sicher nicht gehören.
Für erfolgreiche Führungskräfte ist dieses Modell folglich keine Bedrohung. Alle, die durch das Sieb von durchdachter Firmenpolitik fallen, sind mir hier nicht wichtig.
Unser Ziel ist es, erfolgreich zu sein und einen Mehrwert darzustellen.
Unsere Ziele sind weder maximales Vertrauen und maximaler Kontrollverlust, noch Kontrolle auszuüben, sondern Ergebnisse zu liefern. Versuchen Sie eine Horde Soldaten loszuschicken, um ein Nachbarland zu erobern und schauen Sie, mit was die Jungs wieder nach Hause kommen. Stellen Sie 11 unkoordinierte Fußballspieler auf ein Feld und warten das Spielergebnis gegen eine vorher trainierte Mannschaft ab. Das funktioniert leider nicht. Das ist eine Utopie.
Ein bisschen Revolution?
Besser als Firmenpolitiken- und hierarchien zu eliminieren ist, sie anzupassen, sie ständig zu durchdenken. Wir müssen die Führungskräfte nicht alle kündigen, damit sich ein Mitarbeiter als ein wichtiger Teil des Unternehmens fühlt. Er wird seinem Vorgesetzten, sofern eine gute Verbindung zu diesem besteht, jeden Praxisverbesserungsvorschlag geben, WENN er das Gefühl bekommt, wichtig zu sein.
Keine Führungskraft ist wahrscheinlich besser als eine schlechte Führungskraft – jedoch ist eine erfolgreiche Führungskraft in jedem Fall besser als keine.
Ich freue mich auf Ihre Reaktionen, Ihre Gedanken zu dem Thema. Schreiben Sie mir einfach in Form von Kommentaren oder Mails.
Haben Sie eine revolutionäre Woche!
Ihr OLAF DAMMANN
Einige Video-Schnipsel:
Wie weit trauen wir?
[bctt tweet=”Ich stelle mich doch nicht hin mit zwei oder drei tollen Führungskräften und sage, wir allein wissen wie es geht!” username=”LebenFuehrenDe”]
https://youtu.be/xxcvExYx7-o?list=PLlQWnS27jXh_tZsp3A2BhO9Hf9ZEIuz1s
[bctt tweet=”Bullshitjobs: Je geringer der Gesellschaftliche Nutzen, je höher ist die Bezahlung.” username=”LebenFuehrenDe”]
https://youtu.be/hecM48vif7A
[bctt tweet=”Wenn man ein Unternehmen so organisiert, dass es möglichst billig wird, durch Druck auf die Menschen, schafft man eine Hölle.” username=”LebenFuehrenDe”]
https://youtu.be/u8t0NpoWnc8
[bctt tweet=”Spielt halt schneller! Und keiner weiß, warum.” username=”LebenFuehrenDe”]
https://youtu.be/nBettZ4fv1g?list=PLlQWnS27jXh_tZsp3A2BhO9Hf9ZEIuz1s